Manchmal geh ich mir selbst auf den Zeiger. So geschehen an meinem Geburtstag letztens. Ich hatte an einem Freitag. Freitag ist ja seit Mai mein freier Tag. Da bekommt das Wort Freitag plötzlich eine ganz andere Bedeutung. Jedenfalls hatte ich frei. Und auch nicht viel geplant. Der Brunch für meine Mädels sollte erst samstags stattfinden. Und am Muttertag wird traditionell mit meiner Familie Geburtstag und Muttertag gefeiert. Schließlich bin ich am Muttertag geboren. Ein Muttertagskind.
Es war also klar, dass ich an meinem Gebi viel Zeit hatte. Selbstverständlich hat mich mein innerlicher Perfektionismus dazu gezwungen, einen perfekten Brunch auszurichten. Eh klar. Von der vielen Zeit waren also einige Stunden für die Vorbereitung reserviert. Auf dem Markt einkaufen. Blumen kaufen. Kuchen backen. Joghurthörnchen backen. Bananenbrot backen. Putzen. Bircher Müsli vorbereiten. Und so weiter. Es gab also schon Einiges zu tun. Da ich mir aber ja vor einiger Zeit vorgenommen habe, mir nicht mehr so viel aufzuladen, mich nicht mehr selbst so unter Druck zu setzen und auch mal fünfe gerade sein zu lassen, hatte ich den ganzen Tag eine kleine, fiese Stimme im Kopf, die mir permanent zuflüsterte: Stress dich nicht, Hannah! Mach mal ne Pause, Hannah! Lass doch das Bananenbrot weg, Hannah! Nimm dir doch auch mal Zeit für dich, Hannah! Es ist dein Geburtstag, Hannah!
Blablablablabla. So ging das den lieben langen Tag. Die Stimme zwang mich quasi dann nachmittags noch dazu, auf jeden Fall noch in die Stadt zu gehen, noch ne Runde zu shoppen und noch in meinem Lieblingscafé auf einen Cappucchino vorbeizugehen. Weil es ja mein Geburtstag war. Ja, das klingt erstmal schön. Das war es aber nicht wirklich. Es hat in Strömen angefangen zu regnen, ich hatte keinen Schirm und war innerhalb von Minuten pitschnass. In der Umkleidekabine war ich so schnell wie noch nie.
Für einen gemütlichen Cappuchino hat es dann sowieso nicht mehr gereicht, weshalb ich ihn to go nahm. Um nach zwei Stunden völlig am Ende wieder zuhause anzukommen. Und direkt weiter zu rödeln. Das Bananenbrot habe ich aus dem Ofen geholt, als ich bereits Jacke und Schuhe anhatte um mit dem Herzensmenschen abends zum Lieblingsfranzosen zu gehen. Dort hatte ich dann zum ersten Mal das Gefühl, einfach dasitzen zu können. Mit einem Cremant in der Hand. Durchatmen. Zeit mit dem liebsten Ehemann verbringen. Als ich den Tag nochmals Revue passieren ließ, fiel mir auf, dass ich den ganzen Tag zwanghaft versucht habe, mich nicht zu stressen, so dass ich am Ende maximal gestresst war.
Im Übrigen merke ich das nach wie vor in meiner Brustwirbelsäule. Ist das Stresslevel hoch, blockiert da hinten direkt wieder was. Gagga, dachte ich nur. Hannah, du bist völlig gagga. Und beschloss: jetzt muss sich wirklich was ändern. Fertig. So geht das nicht weiter. Also ändert sich jetzt etwas. Stressfreie Zone. Zumindest an meinem freien Freitag. Da gibt’s nur mich. Und Schokoladenpfeffer. Weitestgehend. Aber auch an allen anderen Tagen kommt jetzt etwas Gas raus. Wie ich längst erkannt, letztens schon geschrieben, jedoch noch nicht wirklich umgesetzt habe: weniger Flucht- und Kampfmodus, mehr Höhle!
Heute ist wieder Freitag. Und ich hab 3 von 5 Dingen, die auf meiner Liste (wenn ich das Wort schon höre!) standen, gestrichen. Wegen is nich. Wegen unwichtig. Wegen kann man machen, muss man aber nicht. Stattdessen war ich ewig lange im Buchladen. Ungeplant. Und Kaffee trinken. Ungeplant. Und fühle mich so frei. Unverhofft. Und will mich viel öfter so fühlen. Und mir nicht mehr ständig selbst auf den Zeiger gehen. Den Kuchen, den ich eigentlich heute backen und shooten wollte, gibt’s wann anders.
Stattdessen gibt es Blumenkohlsalat. Den hatte ich nämlich schon vor zwei Wochen geshootet. Hah! Gut, wenn man manchmal vorarbeitet! Wer im Übrigen beim Wort Blumenkohlsalat sich direkt ausklinken möchte, höre mich sagen: Bleib! Es lohnt sich! Der Herr Ottolenghi ist nämlich im Spiel! Und da lohnt sich das Bleiben immer! Mit diesem Salatträumchen bist du nämlich der Star auf der nächsten Grillparty. Ich schwör! Ein Knallersalat. Und für Ottolenghische Verhältnisse mit erstaunlich wenig Zutaten. Wobei das Rezept auch aus seinem neuesten Kochbuch „Simple“ ist – die Rezepte sind tatsächlich etwas einfacher gehalten. Stressfreier. Geschmacklich aber wieder allererste Obersahne. Macht ihr mit?
Habt es fein.
Eure Hannah
Für zwei gute Esser
1 kleiner Blumenkohl
1 kleine Zwiebel
Olivenöl
12,5 g Petersilie
5 g Minze
5 g Estragon (ich: weggelassen)
40 g Granatapfelkerne
20 g Pistazien
½ TL gemahlener Kreuzkümmel
1 EL Zitronensaft
Salz
Den Backofen auf 200 Grad Ober-/Unterhitze vorheizen. Den Blumenkohl in Röschen teilen, waschen und gut abtropfen lassen. Die Zwiebel in Ringe schneiden. Ein Backblech mit Backpapier auslegen. Zwei Drittel der Blumenkohlröschen in einer Schüssel mit den Zwiebeln vermischen. 1 EL Olivenöl und eine ordentliche Prise Salz dazu geben. Gut vermengen und auf dem Backblech verteilen. Im vorgeheizten Ofen etwa 20 Minuten rösten, bis die Blumenkohlröschen hellbraun sind. Aus dem Ofen nehmen und abkühlen lassen. Den restlichen Blumenkohl im Standmixer zu kleinen Krümeln mixen. Sie sollten klein aber nicht matschig sein.
In der Zwischenzeit die Pistazienkerne grob hacken und in einer Pfanne ohne fett anrösten. Die Granatapfelkerne auslösen und beiseitestellen. Die Kräuter waschen, trockenschütteln und grob hacken.
Sobald das geröstete Gemüse abgekühlt ist, dieses mit den Blumenkohlkrümeln, den restlichen Zutaten sowie 2 EL Öl und einer guten Prise Salz in eine große Schüssel geben und behutsam durchheben. Auf einer Platte anrichten und servieren.
Aus dem Kochbuch „Simple“ von Yotam Ottolenghi.
1 Kommentar