An Tag 5 der Quarantäne ist sie da. Die Stille. Ich hab sie schon beim Aufwachen gespürt. Eigentlich schon beim Einschlafen, als mich eine unsichtbare Hand davon abhielt, meinen Wecker zu stellen. Zum ersten Mal in diesem Urlaub. Zwar bin ich nicht viel später ausgewacht als sonst auch, aber es war doch komplett anders. Da war diese Stille. Diese Ruhe. Ich stand auf und tapste leise in die Küche. Den Herzensmenschen wollte ich nicht wecken, es war sein erster Urlaubtag.
Während das Teewasser kochte, führte ich zwei morgendliche Rituale durch: Ölziehen und warmes Zitronenwasser trinken. Ich liebe beides sehr innig. Mit dem Tee in der Hand schlüpfte ich wieder ins Bett und las in meinem Buch. In weiser Voraussicht hatte ich mich am letzten Tag, an dem die Buchhandlung meines Vertrauens offen hatte, noch eingedeckt. Als hätte ich es geahnt. Dass ich viel Zeit zum Lesen haben werde.
Nachdem die Teetasse leer war, quengelte auch mein unterer Rücken. Der wollte etwas bewegt werden. Ich suchte mir eine wunderbare Morgensequenz auf meinem liebsten Online-Yogakanal aus und praktizierte. Danach hatte ich noch Lust zu meditieren. Zum Glück schlief der Herzensmensch immer noch. Die Stille tat so gut. Mit Ende der Meditation tapste der Liebe dann aus dem Schlafzimmer. Also gut. Ich dusche nach ihm.
Ich machte mir einen Espresso, schaute kurz nach dem gestern Abend angesetzten Sauerteig für ein Kleiebrot und suchte dann nach einer Anleitung für schöne Papiersterne. Die will ich bis Heiligabend noch falten. Dann war ich mit Duschen an der Reihe. Ich entschied mich kurzerhand für ein Schaumbad. Als ich im Schaum versank, musste ich kurz zwei Tränchen verdrücken. Dankbarkeitstränchen. Für alles mal wieder. Das ist mir in diesem Jahr so oft passiert. Diese erfüllende Dankbarkeit in mir zu spüren.
Für den Herzensmenschen. Für meine Familie. Für meine Freunde. Für all das, was wir haben. Für ein Dach über dem Kopf. Für ein warmes Zuhause. Für eine warme Dusche jeden Tag. Für gutes Essen. Für Wasser. Unendlich viel Wasser. Für das Schaumbad, in dem ich da an einem gewöhnlichen Dienstagmorgen vor Weihnachten liegen durfte. Nach der Badewanne setzte ich mich auf den Fußboden, stöpselte meine Kopfhörer ein und rief meinen Bruder an. Wie jeden Morgen in diesen Tagen.
Erkundigte mich danach, wie es ihm geht. Was die Symptome machen. Gestern Abend schon hat er berichtet, dass nun Geruchs- und Geschmackssinn vollkommen verschwunden seien. Typisch Corona. Ansonsten gehe es ihm aber ganz ok. Ich werde ihn heute bestimmt noch zweimal anrufen. Danach rief ich meine Eltern an. Währenddessen fing ich an, mir die Nägel rot zu lackieren. Gerade muss alles rot sein. Warum auch immer. Mein Papa meinte, sie verschieben die Gans vom 1. Weihnachtsfeiertag auf die Zeit danach, wenn der Geschmackssinn meines Bruders wieder da wäre.
Da verdrückte ich dann wieder ein Tränchen. Nachdem die Nägel trocken und die Anrufe erledigt waren, setzte ich Kaffee auf und freute mich auf die Pancakes im Kühlschrank. Gestern Morgen hab ich spontan Pancakes mit Lebkuchengewürz gemacht. Die waren so gut, dass ich direkt nochmal eine Portion für ein Shooting gemacht habe. Ich machte die Pancakes nochmal schnell in der Pfanne warm (das funktioniert hervorragend) und setzte mich mit Milchkaffee und Pancake-Stapel an den Tisch um meine täglichen Adventskalendertürchen zu öffnen.
Herausgekommen sind heute eine tolle Geschichte zum Nachdenken aus dem einen Kalender und eine kleine Aufgabe für mich aus dem anderen. Ich frühstückte in Ruhe fertig, setzte den Brotteig an, machte noch eine Kanne Tee, zündete überall Kerzen an und kuschelte mich aufs Sofa. Klappte meinen Laptop hoch und zum ersten Mal seit vielen Tagen, packte mich wieder die Lust, einen Blogpost zu schreiben. Den letzten in diesem Jahr. Die Luft ist mir schon vor ein paar Wochen ausgegangen. Aber heute ist sie wieder da.
Wie das eben oft so ist, wenn es still wird. Die Stille wird mich die nächsten Tag begleiten, das spüre ich. Vielleicht habe ich noch nie so viel Ruhe in mir gespürt wie gerade eben. Vielleicht ist das das Positivste überhaupt, dass ich aus der aktuellen Situation ziehen kann. Die ehrliche und vollkommene Verbindung zu mir selbst, nach der ich so lange gesucht habe.
Ich wünsche euch eine wunderbar stille Weihnachtszeit.
Habt es fein.
Eure Hannah
Ps. Mein Bruder wurde letzten Freitag positiv auf Corona getestet. Meine Eltern, meine Großeltern und ich hatten direkten Kontakt mit ihm. Mein Bruder ist bei meinen Eltern in Zimmerquarantäne und wir alle in Quarantäne bis 27.12. bzw. 31.12. Weihnachten wird zum ersten Mal seit 33 Jahren komplett anders verlaufen. Aber das ist ok. Mal mehr, mal weniger.
Pancakes mit Skyr und Haferklocken
Zutaten
- 60 g Haferflocken (Kleinblatt)
- 2 EL Hafermehl
- 2 Eier
- 160 g Skyr (oder Magerquark)
- 1 EL Ahornsirup
- 1 Prise Natron
- 1 TL Backpulver
- 1 Prise Salz
- 1 TL Lebkuchengewürz (optional)
- 1 TL Zimt (optional)
- etw. Kokosöl (nur zum Ausbacken)
Toppings
- Orangenfilets
- Granatapfelkerne
- Birnenscheibchen
- Kokosjoghurt
- Ahornsirup
- Walnüsse
Anleitungen
- Für die Pancakes alle Zutaten gut miteinander verrühren und den Teig ca. 10 Minuten rasten lassen. Den Ofen auf ca. 80 Grad vorheizen.
- In einer Pfanne etwas Kokosöl erhitzen. Esslöffelweise den Teig in die Pfanne geben. Sobald sich an der Oberfläche kleine Bläschen bilden, die Pancakes wenden. Sie sollten von beiden Seiten goldbraun angebraten sein.
- Die fertigen Pancakes auf einem Teller im Ofen warmhalten.
- Auf zwei Tellern jeweils einen Pancaketurm bauen und mit Toppings nach Wahl servieren.