Nachdem ich erst vor kurzem den Kirschkuchen mit Schokolade vorgestellt habe, gibt’s heute gleich nochmal ein Rezept, das ich unmittelbar mit meiner Heimat und meiner Mama verbinde. Und auch unmittelbar mit Ostern. Den schwäbischen Zopf gibt’s bei uns nämlich jedes Jahr zum traditionellen Osterbrunch. Zumindest seit meine Mama das Rezept vor vielen Jahren in einem schwäbischen Backbuch meiner Großmutter entdeckt hat. Davor gab es immer einen normalen Hefekranz. Ich mag beides sehr gerne. Liegt vermutlich an meiner Schwäche für lauwarmes Hefegebäck. Hefekranz oder auch Brioche noch lauwarm mit Butter und Marmelade bestrichen ist für mich das Highlight eines ausgiebigen Sonntagsfrühstücks und gleichzeitig Genuss und Sünde in einem. Wobei die beiden Dinge ja sehr oft sehr nah beieinander liegen.
Die Sünde überwiegt meist und sitzt als das altbekannte Teufelchen auf meiner Schulter, weshalb es der Genuss dann immer sehr schwer hat, dagegen anzukommen. Aber wie gesagt, ich arbeite an mir. Das, was für den Hefekranz die Butter und Marmelade ist, ist für den schwäbischen Zopf Füllung aus zerlassener Butter, Zimt, Zucker und gehobelten Mandeln. Ich sags euch, da braucht man keine extra Butter mehr und auch keine Marmelade. Die Kombination aus lauwarmem Hefeteig und Zimt versetzt einen direkt in einen komatösen Genusszustand. Zudem finde ich, dass der schwäbische Zopf auch wunderschön anzuschauen ist. Wenn dann auf der Ostertafel noch gefärbte Eier drin liegen, will man ihn eigentlich gar nicht anschneiden.
Tatsächlich wird der Kranz oft erstmal nicht angeschnitten, da meine Mama grundsätzlich eine wunderbare Gastgeberin ist und beim Osterbrunch keine Wünsche für die Gäste offen lässt. Da gesellen sich dann minimum 3-4 verschiedene italienische Schinkensorten zu Mortadella und luftgetrockneter Salami. Ähnlich viele Sorten an wunderbarem Käse teilen sich die Käseplatte. Beides alljährlich von mir mitgebracht aus der Stuttgarter Markthalle, besser gesagt vom Stand des Di Gennaro, der zwar teuer, aber unglaublich gut ist. Die Gorgonzola Mascarpone-Torte schrumpft um einiges, wenn ich mit meinem Bestellzettel davor herumwinke. Neben der Käse- und Schinkenplatte tummeln sich die verschiedensten Olivensorten und Antipasti nebst leckersten Aufstriche von meinem Lieblingsmarrokaner, ebenfalls auffindbar in der Stuttgarter Markthalle.
Gebeizter Lachs, Merrettichsahne, Heringssalat, Geflügelsalat und Eiersalat dürfen niemals fehlen. Genauso wie haufenweise gekochte Eier, Marmeladen und Frischkäsesorten. Dazu gibt’s traditionell das Birchermüsli von Mama und mir. Von Papa köchelt meist noch etwas Warmes auf dem Herd, Gulaschsuppe oder Ochsenschwanzsuppe oder so. Muss für mich jetzt nicht sein, aber die Männer fahren ganz schön drauf ab. Ja und dann gibt’s natürlich die verschiedensten Brötchen, ganz viele Brezeln, denn hey, wir sind in Schwaben und den wunderbaren Osterkranz. Es gab auch viele Jahre noch ein Osterlamm und einen Osterhasen aus herrlich nussigem Rührteig. Allerdings haben wir das in den letzten Jahren durch diverses Eierlikörgebäck ersetzt. Kuchen mit Schuss hat schließlich noch keinem geschadet. Vor allem nicht am Ostersonntag. Man soll die Feste feiern, wie sie fallen, oder wie war das?
Ich jedenfalls liebe unseren Osterbrunch mit der ganzen Familie, so wie ich auch Weihnachten mit der ganzen Familie liebe oder auch das alljährliche Spargelessen mit der Familie zu Ehren meines Geburtstags und des Muttertags, weil die beiden Tage immer ganz dicht beieinander liegen. Bin halt einfach eine kleine Traditionsliebhaberin. Deshalb war es für mich letztes Jahr auch nicht unbedingt einfach, als es hieß, dass der Osterbrunch zum ersten Mal seit gefühlt 30 Jahren nicht bei meinen Eltern zuhause sondern bei meiner Tante in Esslingen stattfinden würde. Wie jetzt? Das geht gar nicht. Wir haben doch immer… Die Skepsis überrannte mich. Und machte sich letztendlich stillschweigend vom Acker als wir natürlich auch bei meiner liebsten Tante einen wunderbaren Osterbrunch hatten. Der Herzensmensch fand es eh gut, da wir nur ein Drittel der Wegstrecke zurücklegen mussten.
Die Ausnahme würde gemacht, da meine Eltern ein Abo der Stuttgarter Oper haben und am besagten Ostersonntag eine Opernaufführung stattfand. So war das dann für alle entspannter. Tja, und wie das eben manchmal mit Ausnahmen so ist. Manchmal werden sie dann zur Regel. Auch in diesem Jahr findet demnach der Osterbrunch wieder in Esslingen statt. Ich habe meiner Skepsis gesagt, sie soll sich gar nicht erst breitmachen, da es letztes Jahr ja trotzdem so schön war und es auch dieses Jahr wieder so sein wird – und war damit erfolgreich. Trotzdem – ich hab schon allen gesagt, dass der Osterbrunch in 2019 dann aber bitte mal wieder ganz traditionell bei meinen Eltern stattfinden soll. Man muss es ja nicht gleich übertreiben.
Habt es fein.
Eure Hannah
Für einen großen schwäbischen Kranz
Für den Hefeteig
500 g Mehl (ich: halb Dinkel 630, halb Braunhirsemehl)
20 g Frischhefe
100 g Butter
80 g Zucker
¼ l Milch (ich: Mandelmilch)
2 Eier
1 Prise Salz
etwas Zitronenschale
Für die Füllung
1 gr. EL Butter
80 g Zucker
Zimt (Menge nach Geschmack)
50-100 g Rosinen
50 g Mandelblättchen
Für den Guss
2 EL Zitronensaft (oder Wasser oder Milch)
Puderzucker
Das Mehl in eine große Schüssel geben und in der Mitte eine Mulde formen. Die Hefe in die Mulde bröckeln, 2-3 EL lauwarme Milch und 1 TL Zucker hinzugeben und mit etwas Mehl aus der Mitte einen Vorteig anrühren. Zugedeckt an einem warmen Ort ca. 30 Minuten gehen lassen. Das Hefegemisch sollte dann bereits kleine Bläschen gebildet haben. In einem Topf die restliche Milch leicht erwärmen und die Butter darin schmelzen. Die Eier zum Teig geben, den Zucker und das Milch-Buttergemisch sowie eine Prise Salz dazu geben und daraus einen geschmeidigen Teig kneten. Bei Bedarf noch etwas Mehl hinzufügen. Der Teig sollte schön weich und elastisch sein, aber nicht an den Händen kleben. Zugedeckt nochmals 40-60 Minuten gehen lassen. In der Zwischenzeit den Backofen auf 175 Grad Ober-/Unterhitze vorheizen. Wenn der Teig schön aufgegangen ist, diesen auf einer bemehlten Arbeitsfläche zu einem fingerdicken Rechteck ausrollen. Die restliche Butter zerlassen und großzügig auf den Teig streichen. Zimt mit Zucker mischen und mit den Rosinen und den Mandeln gleichmäßig auf dem Teig verteilen. Den Teig von der langen Seite her aufrollen und einmal in der Mitte der Länge nach durchschneiden. Die beiden Hälften abwechselnd übereinanderschlagen. Sie dürfen dabei ruhig aufklaffen, damit eine schöne Musterung erzeugt wird. Die herausgefallenen Rosinen einfach wieder in den Teig stecken. Das Ganze auf ein Backblech legen, einen Kranz formen und im vorgeheizten Ofen ca. 45-50 Minuten backen. Sollte der Kranz zu dunkel werden, einfach mit Alufolie abdecken. In der Zwischenzeit die Zutaten für den Guss gut verrühren, er sollte schön dickflüssig sein. Den Kranz aus dem Ofen nehmen, etwas abkühlen lassen und mit dem Guss bestreichen. Am besten noch lauwarm das erste Stück genießen.
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