Seit Juli bin ich nun Vegetarierin. Unglaublich, wie die Monate vergehen. Und auch wenn ich das mit der Fleischesserei davor schon an einer Hand abzählen konnte, das Wort „Vegetarierin“ hat dann doch nochmal ein paar Dinge geändert. Ich habe Gelatine aus meinem Haushalt verbannt. Agar-Agar versucht seitdem, meine Freundin zu werden. Puh. Sie buhlt noch etwas. Ich lass sie noch nicht ganz rein. Und mache eher Desserts, die ohne Stabilisator auskommen. Da gibt es ja wirklich auch genug feine Dinge. Ganz vorne mit dabei die Pavlovatörtchen. Die gibt’s gerade inflationär.
Eine meiner Liebsten will sie als Weihnachtsdessert machen, nachdem wir sie letztens beim üblichen Viererdate kredenzt haben. Uuuiiii, da geht dann ja immer mein Herz auf. Wie auch immer. Letztens hat sich der Herzensmensch dann Maultaschen mit Kartoffelsalat gewünscht. Ich hab ihn gefragt, ob er sich selbstgemachte Maultaschen wünscht. Nö. Keine Chance. Er wollte die einer großen Kette haben. Ihr kennt sie. Meinetwegen. Vor Juli hätte ich vermutlich bei seinen Maultaschen mitgegessen. Dem Wunsch des Herzensmenschen entsprechend.
Nun gab es zweierlei. Für ihn mit Fleisch. Für mich mit Spinat und Ricotta. Was ich persönlich schon immer die leckerere Füllung fand. Außer bei Mama. Aber Mama macht auch sensationelle Maultaschen. Jedenfalls gibt es die eine oder andere Situation im Alltag, bei der mir auffällt, dass ich ja Vegetarierin bin. Null problemo. Ich will es ja so. Eine etwas größere Herausforderung steht dennoch bevor. Sämtliche Flexibilität verliere ich nämlich, wenn es um geliebte Traditionen geht. Und zwar jegliche Traditionen.
Und so stehe ich nun vor dem sich nähernden vermutlich traditionsreichsten Fest. Und überlege. Der Herzensmensch hat mich letztens wieder gefragt, ob ich mir nicht vorstellen könne, an Weihnachten Fleisch zu essen. Schäufele mit Salaten an Heiligabend. Gans mit Rotkraut und Kartoffelknödel am 1. Weihnachtsfeiertag. Und mein (bisheriges) Highlight: Rehnüsschen mit handgeschabten Spätzle, Pilzen und Preiselbeeren am 2. Weihnachtsfeiertag. Hell, yes! Früher war das mein absolutes Lieblingsessen. Tja, und nun?
Ich hatte mir das bisher offengelassen. Ich bin fern von jeglichem Dogmatismus, so dass ich bis jetzt dachte, es wäre durchaus möglich, an einem oder zwei oder allen drei Tagen Fleisch zu essen. Wohlwissend, dass es gutes Fleisch wäre. Dass es bei meinen Eltern nur gutes Fleisch gibt. Dass das Reh bis zu seinem Tod frei im schönen Schwarzwald rumspringen konnte. Und es nur einen Schuss brauchte. Und doch.
Je näher Weihnachten rückt, desto mehr wird mir bewusst, dass ich es einfach nicht will. Ich will kein Fleisch mehr essen. Aus gänzlich freien Stücken. Selbst wenn ich mir die Wahl lasse, ist das ein eindeutiges Gefühl. Also werde ich in diesem Jahr zum allerersten Mal freiwillig eine geliebte Tradition brechen. Wohlwissend, dass es sich auf jeden Fall anders anfühlen wird. Aber trotzdem auch überhaupt nicht wichtig ist. Wichtig ist das Drumherum.
Wichtig ist, dass es überhaupt ein Fest geben wird. Wichtig ist, dass wir Zeit haben dürfen. Wertvolle Zeit mit unseren Lieben. Und da in diesem Jahr sowieso alles anders läuft, als wir uns alle vorgestellt haben, ist es vielleicht ein gutes Jahr um Traditionen zu brechen. Um altes Loszulassen. Und Veränderungen willkommen zu heißen. Aber das ist eine andere Geschichte.
Der Quarkkuchen wird nicht unbedingt Teil meines vegetarischen Weihnachtsessens sein, aber er ist es allemal wert, an einem trüben Adventssonntag zum Kaffee oder Tee genossen zu werden. Saftig, flaumig und durch die Mandarinen etwas fruchtig. Eine willkommene Alternative, wenn der Plätzchenhunger bereits Anfang Dezember gestillt ist.
Habt es fein.
Eure Hannah
Ps. Gerade fällt mir auf, dass heute Schokoladenpfeffers 4. Geburtstag ist. Gut, dass wir einen Crémant kühlgestellt haben.
Quarkkuchen mit Mandarinen
Zutaten
- 750 g Quark (20%)
- 4 Eier
- 75 g weiche Butter (ich: Kokosöl)
- 130 g Rohrohrzucker
- 1/2 Vanilleschote
- 1 EL Stärke
- 2 EL Mehl (ich: Mandelmehl)
- 1 TL Abrieb einer Bio-Mandarine
- 2-3 Mandarinen (optional)
Anleitungen
- Den Backofen auf 180 Grad Ober-/Unterhitze vorheizen. Eine kleine Springform (20cm) fetten und Boden und Rand mit Backpapier auskleiden.
- Das Kokosöl (falls verwendet) bei geringer Hitze zerlassen. Die Eier trennen. Die Eiweiße mit einer Prise Salz steifschlagen und beiseite stellen. Die Mandarinen heiß waschen und ein TL Schale abreiben.
- In einer Schüssel die Eigelbe mit dem Zucker und der weichen Butter oder dem zerlassenen Kokosöl hell schaumig aufschlagen.
- Den Quark, die Stärke und das Mehl sowie das ausgekratzte Mark der Vanilleschote und den Mandarinenabrieb bei mittlerer Geschwindkeit unter die Eiermasse rühren. Zuletzt die Eiweiße vorsichtig unterheben.
- Den Teig in die vorbereite Springform füllen und im vorgeheizten Ofen ca. 45 Minuten backen. Bei leicht geöffneter Ofentür abkühlen lassen. Vor dem Servieren am besten für ein paar Stunden in den Kühlschrank stellen.
- Die Mandarinen schälen und filetieren. Den Kuchen mit Puderzucker bestäuben und optional mit den Mandarinenfilets servieren.