Ich mag Stuttgart sehr gerne. Impulsartig hätte ich fast geschrieben „ich liebe Stuttgart“. Ich finde allerdings, das Wort lieben an der Stelle dann schon sehr gewichtig. Fast schon erdrückend. Und Stuttgart ist immerhin eine Stadt. Ich würde die Stadt auch eher als beste Freundin bezeichnen. Und nicht als große Liebe. Ja, doch, beste Freundin trifft es gut. Die Freundschaft muss sich erst aufbauen und entwickeln. Das Band muss dicker werden. Und irgendwann ist das Band so dick, dass klar ist, man gehört irgendwie zusammen. Man kennt sich und vertraut sich. So ist das vielleicht bei Stuttgart und mir. Wir sind auch irgendwie zusammengewachsen und mögen uns jetzt sehr. Ich mag die grünen Oasen in der Stadt. Ich mag die Hügel und den kesselartigen Aufbau der Stadt. Zumindest wenn ich daraus resultierende Verkehrschaos ausblende. Dann mag ich das. Wie sich die Häuser ringsum die Höhen hinaufschlängeln.
Ich mag die Weinberge zwischendrin. Ich mag den Süden und den Westen mit den unzählig vielen unglaublich tollen Altbauvillen. Ich mag den Marienplatz. Zumindest was in den letzten Jahren dort entstanden ist. Ich mag die Wochenmärkte. Und die Markthalle. Und den Merz&Bensing. Ich mochte das Fluxus und mag den Feuersee und die Kirche dort. Ich mag es, dass ich nur 15 Minuten joggen muss und dann nur noch Wald um mich herum habe. Ja, all das mag ich sehr. Und ich kann mir in vielen Momenten auch vorstellen, für immer in Stuttgart zu leben. Von Herzen gern. Das hört sich ja auch alles ziemlich idyllisch an und ich male mir es auch ziemlich idyllisch aus.
Eine tolle Stadtwohnung mit (Dach-)Terasse und Ausblick in den Kessel. Oder ein kleines Häuschen mit Garten, aber auch direkter Nähe zur U-Bahn in die Innenstadt. Ein Industrieloft mit hohen Decken, offenen Räumen und Dachterasse. Klingt gut? Find ich auch. Findet leider nicht unser Geldbeutel. Ist in Stuttgart leider schlicht utopisch bei den Preisen. Zumindest wenn man nicht vor hat, seine Kinder mit zu verschulden, da das tolle Häuschen mit dem tollen Garten zwar unvorstellbar viel Charme hat, aber leider in diesem Leben nicht abzuzahlen ist. Thats reality. Und die tut manchmal weh. Manchmal aber auch gar nicht. Manchmal werden die idyllischen Stuttgarter Gedanken einfach von idyllischen Tatsachen zunichte gemacht. Und genau das passiert meistens, wenn ich in meine Heimat fahre. Oder unsere Heimat.
Der Herzensmensch und ich sind nämlich nur wenige Kilometer voneinander aufgewachsen. Sein Dorf. Mein Dorf. Getrennt durch Wiesen, Hügel und auch manch einer Tanne. Wie das im Schwarzwald halt so ist. Zuhause angekommen bin ich in einer anderen Welt. Dann steht bei meinen Eltern die Haustüre gefühlt immer offen, der Kater sonnt sich auf dem Hof und vor allem in diesen Monaten ist der Garten meiner Mama eine volle Pracht. Ein Gang in den Garten und man kommt mit einem Körbchen voller Kräuter, Salat, Erdbeeren und Mangold wieder heraus. Später gesellen sich dazu Zucchini, Tomaten, Bohnen und vieles mehr. Und wenn das auch nicht reicht, laufe ich einmal durchs Dorf um in unserem Obstgarten die Hühner meines Papas zu beobachten, die Hochbeete mit Kürbissen, Brokkoli, Gurken und allerlei sonstigem Gemüse zu bestaunen. Dieses Jahr war ein Kirschenjahr. Mein Bruder und ich haben als Kinder von meinem Opa jeweils einen Kirschbaum gepflanzt bekommen.
Die Kirschen sind gerade reif und letzte Woche bin ich mit meinem Eimer wieder durch das Dorf in den Obstgarten gewackelt und hab Kirschen von meinem Baum gepflückt. Emil, der Hahn und seine Hühner haben dabei um mich herumgepickt und Emil hat mir immer mal wieder zu verstehen gegeben, dass er eigentlich der Herr des Obstgartens ist. Ok, ist akzeptiert. Am Ende des Tages merke ich bei meinen Eltern immer, wie es sich dort doch anders anfühlt. Ruhiger und naturverbundener. Und dann stelle ich mir immer die Frage, ob wir nicht dort glücklicher wären. Denn der Traum vom eigenen Haus mit Garten ist beim Herzensmenschen und mir schon immer da. Noch müssen wir nichts entscheiden. Und vielleicht, wenn es soweit ist, sagt einem das Herz dann schon, wo der richtige Platz für einen ist.
Jetzt gibt’s aber erstmal Kuchen. Damit werden auch erstmal Zweifel beseitigt. Nach einem ordentlichen Stück Kuchen lässt es sich doch sowieso viel besser grübeln. Einmal muss ich die Schleife aber jetzt doch noch drehen. Zu diesem Traum von Milchreiskuchen gesellt sich nämlich ein wunderbares Kirschkompott – selbstredend in meinem Fall mit den Kirschen von meinem Bäumchen. Die beiden geben ein unschlagbares Team ab: cremiger, idealerweise gekühlter Milchreiskuchen mit einem Hauch Tonkabohne und weichen Kirschen. Würde auch sofort als Dessert durchgehen. Ich mag das ja – zwei Fliegen mit einer Klappe und so. An alle Milchreisfans: ihr seid bei diesem Rezept auf jeden Fall auf der Gewinnerseite. Und ich träume mich in unser potentielles Gärtchen. Oder in die Äste meines Kirschbaums. Natürlich mit einem Stück Kuchen und einer Portion Kirschkompott.
Habt es fein.
Eure Hannah
Für eine 26 cm Springform
Für den Kuchen
1l Milch (ich: Mandelmilch)
200 g Risottoreis (oder Milchreis)
200 g Rohrohrzucker
20 g Butter
Etw. geriebene Tonkabohne (kann auch durch Vanillemark ersetzt werden?
Etw. Zitronenschalenabrieb
4 Eier (Größe L)
150 g Schmand
1 Prise Salz
Für das Kompott (reicht für mind. vier Kuchenstücke)
200 g entsteinte Kirschen
Etw. geriebene Tonkabohne (optional)
1 TL Speisestärke
Süßungsmittel nach Bedarf und Wahl (ich: 2 EL Reissirup)
Die Milch mit der Butter, dem Zucker, der Tonkabohne und der Zitronenschale zum Kochen bringen. Den Reis hinzufügen und ca. 25-30 Minuten köcheln. Dabei regelmäßig umrühren. Den Milchreis in eine Schüssel füllen und vollständig abkühlen lassen.
Den Backofen auf 170 Grad Ober-/Unterhitze vorheizen. Eine Backform mit Backpapier auslegen und den Rand fetten. Die Eier trennen. Die Eigelbe mit dem Schmand verrühren und unter den Milchreis rühren. Die Eiweiße mit einer Prise Salz steifschlagen und behutsam unter die restliche Masse rühren. In die Form füllen und ca. 50 Minuten goldgelb backen. Wenn nötig am Schluss mit etwas Alufolie abdecken. Den Kuchen vollständig abkühlen lassen und vor dem Servieren am besten in den Kühlschrank stellen und dann mit Puderzucker bestreut servieren.
Für das Kirschkompott die Kirschen mit etwas Wasser, Tonkabohnenabrieb und dem Süßungsmittel bei mittlerer Hitze aufkochen. 5 Minuten köcheln lassen. Die Speisestärke mit wenig Wasser verrühren und zu den Kirschen geben. Nochmals aufkochen lassen, damit es etwas eindickt. Bis zum Servieren abkühlen lassen.
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