Er ist da. Und er kam mit voller Wucht. Hallo, lieber Frühling. Wie schön, dass wir uns kennenlernen. Wir wussten nicht genau, ob du noch kommst. Ziemlich lange war Väterchen Winter hier zugange. Und ziemlich verwirrt war ich als ich feststellte, dass wir Ende März hatten und in Stuttgart noch keine einzige Magnolienblüte offen war. Da dacht ich schon, du kommst nicht mehr, lieber Frühling. Man konnte die Resignation der Leute schon förmlich spüren. Immer noch dick eingepackt in Mäntel, Schals und Mützen, die schlechte Laune ins Gesicht geschrieben, wenn draußen der kalte Regen gegen die Scheiben peitschte. Nur die Vögel. Die haben sich nicht aufhalten lassen. Mir kamen die morgendlichen Zwitscherkonzerte noch viel lauter vor als sonst – als ob sie aus voller Kehle den Frühling herbeirufen wollten.
Tja, letztendlich haben sie es geschafft! Väterchen Winter hat sich langsam aber sicher aus dem Staub gemacht. Und die Welt atmet auf. Zumindest die Stuttgarter Welt. Selten hat man geduldigere Menschen in den Schlangen vor den Eiscafés gesehen. Und geduldigere Menschen, wenn es ums Warten auf ein Plätzchen in der Sonne geht. Herrlich. Frühling, du bist toll. Du machst alles irgendwie friedlich. Beruhigst die Gemüter. Zauberst Lächeln und gute Laune hervor. Bei mir inklusive. Alles auf Anfang. Reset. Der erste Kaffee auf dem Balkon fühlt sich jedes Jahr an wie der erste Kaffee auf dem Balkon überhaupt. Das erste Mal Grillen ist für den Herzensmenschen wie früher der Kindergeburtstag. Das erste Mal ohne Jacke raus fühlt sich an wie die Freiheit schlechthin. Überall sprießt und grünt und blüht und duftet es. So riecht nur der Frühling. Und irgendwie könnte doch immer Frühling sein.
Um den Frühling auch im Hause Schokoladenpfeffer gebührend zu feiern, gibt es Kuchen. Nichts Geringeres hat der liebe Frühling verdient. Findet ihr auch, oder? Und weil ich, ohne überheblich klingen zu wollen, der Meinung bin, die persönlichen Vorlieben in Sachen Kuchengeschmack von Herrn Frühling zu kennen, gibt’s heute Zitronenkuchen. Französischen Zitronenkuchen. Frisch, frühlingshaft, fruchtig, famos lecker. Nach DEM Rezept DES französischen Patissiers Pierre Hermé. Einer von Frankreichs Göttern sozusagen. Frühling und Zitronenkuchen und Pierre Hermé. Ich könnte mir keine bessere Kombination vorstellen. Höchstens noch ein Gläschen Crémant dazu. Um dem Ganzen noch das Krönchen aufzusetzen.
Aber noch ein paar Worte zum Kuchen, bevor ich euch in die Küche scheuche, um das gute Ding nach zu backen. Er ist tatsächlich etwas anders, als vielleicht zunächst erwartet. Vielleicht auf den ersten Blick auch etwas aufwändiger. Manch einer würde sagen, die pure Verschwendung von Zitronen. Trocken! Hat mein Bruder beim ersten Bissen gemeint. Mon Dieu! Beim zweiten Bissen hat er es dann aber wieder relativiert. Trocken ist der Kuchen überhaupt gar nicht. Kompakt würde es eher beschreiben. Aber trotzdem weich und saftig und vor allem geschmackvoll. Ein typischer französischer Picknickkuchen. Die Franzosen lieben Picknick.
Da darf dann aber kein Kuchen dabei sein, dem man nicht einem Kind in die Hand drücken kann, ohne dass sofort die Hälfte auf dem Boden liegt. Oder gar auf Maman’s teurer Bluse. Da kennen die Französinnen keinen Spaß. Dass der Kuchen picknicktauglich ist, habe ich selbst erprobt, als ich ihn für den Geburtstag meines Patenkindes gebacken habe. Grillen in einer Hütte im Wald war angesagt. Mit einigen Kindern im Alter zwischen 2 und 6. Was soll ich sagen? Der Zitronenkuchen war perfekt für die kleinen Kinderhände. Er zerfällt nicht, bröselt nicht und hinterlässt keine Flecken. Wobei das wirklich nur ein Vorteil ist, der für den Kuchen spricht. Er ist schlicht einfach ungemein lecker. Mein Lieblingszitronenrührkuchen. Und ich bin davon überzeugt, dem Frühling wird er auch schmecken. Und euch auch. Vielleicht ja zum nächsten Picknick zwischen Frühlingswiesenblumen? Den Crémant aber nicht vergessen, gell?
Habt es fein.
Eure Hannah
Für eine kleine Kastenform (20×11,5×7 cm)
Für eine große Kastenform können die Zutaten verdoppelt werden. Der Kuchen wird dann sehr hoch und groß, perfekt für eine große Runde. Die Backzeit verlängert sich aber auch entsprechend um ca. 10 Minuten. Stäbchenprobe machen!
Zudem ist es wirklich wichtig, dass der Kuchen ca. 24 Stunden in Frischhaltefolie gewickelt durchziehen kann, bevor er serviert wird. Dadurch entfaltet sich das Zitronenaroma optimal.
Wichtig: alle Zutaten sollten Zimmertemperatur haben, also ca. 30 Minuten vorher aus dem Kühlschrank nehmen.
Für den Kuchenteig
Schalenabrieb von 2 Biozitronen (ich: 4 Zitronen, dafür die kandierten Zitronen weggelassen)
30 g kandierte Zitronen, winzigklein gehackt
80 g Butter
235 g Zucker
4 Eier (M)
110 g Sahne
2 EL weißer Rum (ich: weggelassen)
220 g Mehl
4 g Backpulver
1 Prise Salz
Für den Sirup
80 g Wasser
30 g Zitronensaft
40 g Zucker
1-2 Tropfen Bergamotte-Öl (ich: weggelassen)
Für die Glasur
100 g Zitronenmarmelade, durch ein feines Sieb passiert
oder:
30 g Zitronensaft
115 g Puderzucker
Den Backofen auf 180 Grad Ober-/Unterhitze vorheizen. Eine Kastenform mit Backpapier auskleiden. Die Butter in einem Topf bei geringer Hitze zerlassen. Sie sollte flüssig aber nicht heiß sein. Die Zitronen waschen und die Schale fein abreiben. In der Küchenmaschine den Zucker mit dem Zitronenabrieb verrühren. Nach und nach die Eier zugeben und hell aufschlagen. Sahne, Rum und Salz dazugeben und gut verrühren. Das Mehl mit dem Backpulver mischen und in die Rührschüssel geben. Unterrühren bis eine homogene Masse entsteht. Die flüssige Butter ebenfalls dazugeben und gut einarbeiten. Den Teig in die Kastenform füllen und ca. 50 Minuten backen. Nach 15 Minuten den Kuchen kurz aus dem Ofen nehmen und mit einem in flüssige Butter getauchten Messer einmal der Länge nach ca. 1 cm tief einschneiden. Dadurch bildet sich der typische „Buckel“. Danach nochmal für ca. 35 Minuten backen. Stäbchenprobe machen. Falls der Kuchen zu dunkel wird, mit etwas Alufolie abdecken.
In der Zwischenzeit den Sirup vorbereiten. Dazu den Zucker mit dem Zitronensaft und dem Wasser aufkochen, das Öl zugeben, von der Platte nehmen und abkühlen lassen.
Den Kuchen aus dem Ofen nehmen, 10 Minuten in der Form abkühlen lassen, dann auf einen mit Backpapier belegten Gitterrost stürzen. Noch heiß mit dem Sirup tränken. Ich nehme dafür einen Pinsel und pinsele den Kuchen solange gleichmäßig ein bis aller Sirup aufgebraucht ist. Dauert etwas, lohnt sich aber. Danach den Kuchen in Frischhaltefolie einpacken und 24 Stunden durchziehen lassen.
Am Folgetag:
Wer Zitronenmarmelade nimmt, diese leicht erhitzen und den Kuchen gleichmäßig dünn damit bestreichen.
Wer die Puderzuckerglasur wählt, den Backofen auf 200 Grad Ober-/Unterhitze vorheizen. Puderzucker mit Zitronensaft verrühren. Den Kuchen auf ein Gitterrost über einem Teller oder einer Auflaufform setzen und mit der Glasur übergießen. Die restliche Glasur abfließen lassen. Den Kuchen dann auf dem Gitterrost 2-3 Minuten in den heißen Ofen stellen, damit die Glasur trocknet. Am besten auch hier eine Auflaufform oder einen Teller darunter stellen, da sonst die Glasur auf den Ofenboden trifft und direkt karamellisiert.
Den Kuchen aus dem Ofen nehmen und genießen. Er schmeckt an Tag 3 und 4 noch genauso gut.
8 Kommentare
Wieviel Butter gehört denn in den Teig? Die Mengenangabe ist im Rezept nicht zu sehen…
Gruß, hanna
Liebe Hanna,
danke für die Anmerkung, das ist mir durchgerutscht. Habe es eben aktualisiert.
Es sind 80g Butter.
Viele liebe Grüße
Hannah
Hallo,
hört sich ungemein lecker an. Ich werde in auspropieren da ich Zitronenkuchen im Sommer liebe, evtl. sogar mit einer Kugel Eis darauf.
Gruß Gerhard
Lieber Gerhard,
ich finde es grad ziemlich gemein, dass ich bei dem Wetter im Büro sitze und dann auch noch von dir diese Idee mit Zitronenkuchen und Vanilleeis vorgesetzt bekomme ;-))
Klingt super!
Viel Spaß beim Ausprobieren!
Viele Grüße
Hannah
Was passiert mit der Sahne????
Das steht doch im Rezept 🙂